Der Aralsee

Hintergründe einer ökologischen Katastrophe



Geographische Lage

Der Aralsee liegt im Süden Kasachstans an der Grenze zu Usbekistan, 700 km östlich des Kaspischen Meeres. Mit einer Größe von ca. 66900 km2 gehörte er noch 1960 zu den weltgrößten Binnenseen.

Die beiden Hauptzuflüsse Amu-Darja und Syr-Darja entspringen im Pamir-Gebirge (7495 m), letzterer in den Ausläufern des Tienschan (7440 m). Die ungefähre hydraulische Zubringerleistung der beiden Flüsse beträgt etwa 67 km3 pro Jahr.

In der Region um den Aralsee herrschen durchweg aride Klimabedingungen. Der mittlere Niederschlagsmittelwert auf das Jahr bezogen liegt in der Regel unter 20 mm pro Monat. Die Temperaturmaxima reichen im Monatsdurchschnitt von ?13° im Januar bis zu ca. 26° im Juni/Juli, die Jahresmitteltemperatur liegt unter 18 Grad.

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Bevölkerungsinformationen

Die Bevölkerungsdichte insbesondere in den Wüsten und Wüstensteppen des Großraumes ist als gering einzustufen. Höhere Besiedlungsdichten finden sich im Delta und an den Ufern der Flüsse. Die bekanntesten Städte in der Nähe des Aralsees sind Aralsk und Muinak. Die Bevölkerung in der Region lebt in erster Linie von der Landwirtschaft, insbesondere vom Bewässerungsfeldbau (Baumwolle, Reis), seltener von der Ziegenhaltung oder der Zucht von Karakul-Schafen.

Hintergrund
Bewässerungswirtschaft


Obgleich die Region um den Aralsee aufgrund der ökologischen Verhältnisse für den Anbau landwirtschaftlicher Kulturen tendenziell ungeeignet ist, wurde dort bereits seit dem 19. Jahrhundert eine ressourcenzehrende Bewässerungswirtschaft betrieben. Vornehmlich unter sowjetischer Regie wurde die Anbaufläche im unmittelbaren Einzugsgebiet des Aralsees ab 1913 von zwei auf acht Millionen Hektar ausgebaut. Die Wasserversorgung wird durch ein ausgedehntes Irrigationswerk sichergestellt. Allein der Kara-Kum-Kanal entzieht den Zuflüssen des Aralsees so ca. 17,1 km3 Süßwasser. Ein grosser Teil geht infolge des schlechten Zustandes der Anlagen jedoch verloren.


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Ökologische Folgen

Hohe Wasserentnahmen durch Kommunen und Landwirtschaft haben zu einem dramatischen Verlandungsprozess geführt. So endet der Syr-Darja seit 1976 etwa 160 km von den Ufern des Aralsees entfernt in der Wüste bei Nowokasilinsk, der Amu-Darja bringt heute unter günstigen Bedingungen maximal 10 % seiner früheren Wassermengen in den See. Verstärkt wird dieser Effekt durch eine klimatisch bedingte, negative Bilanz von Niederschlag (max. 200 mm pro Jahr) und Verdunstung (1040 mm pro Jahr). Weiterhin geht damit eine zunehmende Versalzung der Bodenoberfläche einher.

Nach Angaben des DLR/DFD hat sich die Fläche des Sees in den Jahren von 1996 (31.516) bis 1998 (28.686) um beinahe 3000 km2 veringert. Insgesamt sind damit bereits mehr als 40000 km2 der Seeoberfläche verlorengegangen. Die starke Reduktion des Wasserkörpers hat zu mesoklimatischen Veränderungen in der Großregion geführt. Bereits seit einigen Jahren wird eine zunehmende Kontinentalität, einhergehend mit einer Verkürzung der Vegetationsperiode und einer Zunahme der Intensität von Winderrosion festgestellt.

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Sozioökonomische Folgen

Durch eine drastische Zunahme der Konzentration von Mineralsalzen auf den bewässerten Feldern (teilweise bis zu einer Tonne pro Jahr und Hektar), unter anderem bedingt durch die häufig auftretenden Salz- und Sandstürme, wurde der Ertrag der landwirtschaftlichen Anbauprodukte stark vermindert. So ist beispielsweise die Reisproduktion im Amu-Darja- und Syr-Darja-Delta vollständig ausgefallen, da Reis nur geringe Salzgehalte in Wasser und Boden verträgt. Die Qualität der landwirtschaftlichen Produkte ist aufgrund des übermäßigen Pestizideinsatzes und der damit verbundenen Verseuchung des Grundwassers und der Böden gering.

Bedingt durch die hohe Belastung mit sowohl anorganischen als auch organischen Schadstoffen aus industrieller und landwirtschaftlicher Produktion ist die Belastung von Lebensmitteln seit Jahren auf intolerablem Niveau. Nach Einschätzung vieler Ökologen ist die Region um den Aralsee biologisch nahezu tot.

Die Bevölkerung leidet infolge der geringen Qualität von Trinkwasser und Nahrungsmitteln zunehmend an epidemischen Erkrankungen, Vergiftungen und Mangelerscheinungen. Die Kindersterblichkeit liegt bei annähernd 15 Prozent.

Ausblick

Eine Rückführung des Gebiets um den Aralsee auf den Zustand von 1960 wird von Wissenschaftlern als ausgeschlossen erachtet. Ziel muss vielmehr sein, die weitere Verlandung zu stoppen und die Ökosysteme zu restabilisieren. Vor allem aber muß den Menschen in der betroffenen Region geholfen werden, mit den Folgen der Katastrophe zurechtzukommen.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) und die International Association for the promotion of co-operation with scientists from the New Independent States of the former Soviet Union (INTAS) haben gemeinsam die Förderung einer multilateralen und interdisziplinären Forschungskooperation zu Fragen des Bassins des Aralsees ausgeschrieben. Mit diesem Programm wird das Ziel verfolgt, wissenschaftlich exzellente und innovative Forschungsprojekte zu unterstützen, deren Ergebnisse dazu beitragen sollen, die Situation der Bevölkerung zu verbessern. Die Förderung bezieht sich auf folgende Themenbereiche:

Trinkwasser und Gesundheit

Ressourcen

Landwirtschaft

Klima



(Quellen: DLR/DFD und Letolle/Mainguet: Der Aralsee - Eine ökologische Katastrophe).





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